Der Start mit dem Kinderfahrrad

Das Wichtigste zuerst: Verzichten Sie von Anfang an auf Stützräder am Kinderfahrrad und bewahren Sie Ihr Kind damit vor unnötigen Hindernissen im Lernprozeß des Fahrradfahrens.
(Lesen Sie mehr dazu: Stützräder: Ja oder Nein?)

Den richtigen Zeitpunkt für's erste Fahrradfahren bestimmt Ihr Kind!

Ihr Kind lernt das Fahrradfahren von ganz allein und sollte den Zeitpunkt nach Möglichkeit selbst bestimmen. Nachahmen und Ausprobieren sind im Kindesalter auch beim Radfahren die wichtigsten Lerngrößen und sollten viel Raum erhalten. Wenn also die ersten Fahrversuche ganz überraschend bei Freund oder Freundin unternommen werden ist das nichts ungewöhnliches.
Auch wenn das Fahrrad eigentlich zu groß, der Helm nicht richtig passt und die parkenden Autos allzu nah stehen: Wenn Sie es noch irgendwie verantworten können, seien Sie nachsichtig und freuen Sie sich mit, wenn Ihr Kind gerade eine neue Welt für sich entdeckt. Und nehmen Sie die Entdeckungen Ihres Kindes zum Anlass, sich mit ihm zur ersten richtigen Fahrstunde mit dem eigenen Kinderfahrrad zu verabreden.

Aber auch wenn die Anzeichen nicht so eindeutig erkennen lassen, dass Ihr Kind nun gerne Fahrradfahren möchte und dazu auch in der Lage ist: Behalten Sie Ihr Kind im Auge, beobachten Sie seinem Bewegungsdrang und verschaffen sich ein Gefühl dafür, wann es dazu bereit sein könnte.
Wenn die körperlichen Voraussetzungen und motorischen Fähigkeiten gegeben sind und es sicher auf Laufrad oder Roller rumkurven kann, dann fragen Sie, ob es nicht vielleicht auch einmal mit dem Fahrrad fahren will - schließlich kann es das jetzt auch?! Reagiert Ihr Kind zurückhaltend, dann warten Sie noch ab.

Ruhe und Gelassenheit sind die besten Begleiter!

Jetzt müssen Sie als Eltern die Vorbereitungen und Vorkehrungen treffen. Ein geeignetes Kinderfahrrad muß her, der richtige Fahrradhelm besorgt und der Zeitpunkt und passende Ort für die ersten (oder zweiten) Fahrversuche und Übungen festgelegt werden.
Bleiben Sie dabei zu jeder Zeit unaufgeregt, ruhig und gelassen, insbesondere Ihrem Kind gegenüber. Vermeiden Sie große Ankündigungen oder Erwartungen ("Nächstes Wochenende lernst Du radfahren!") und setzen Sie Ihr Kind niemals unter Druck ("Jetzt haben wir schon so ein tolles Kinderfahrrad gekauft und nun willst (kannst) Du immer noch nicht fahren ...!). Damit verunsichern Sie Ihr Kind und nehmen ihm (meist nachhaltig) die Lust das Neue auszuprobieren.

Das erste Kinderfahrrad und der erste Fahrradhelm

Natürlich sollte das erste (Spiel-)Fahrrad fahrtauglich, richtig eingestellt und "sicher" sein. Sicher heißt in diesem Zusammenhang aber nicht, daß es bei den ersten Fahrversuchen unbedingt über eine Klingel oder ausreichend Reflektoren verfügt. Das ist erstmal zweitrangig - sollte dann aber zügig nachgeholt werden. Wichtiger zu Beginn sind ein geschlossener Kettenschutz, intakte Sicherheitslenkergriffe und ein ausreichender Aufprallschutz am Lenkervorbau. Ebenso sollten natürlich die Bremsen intakt sein und die Höheneinstellungen am Kinderfahrrad stimmen.

Die richtig eingestellte Sattelhöhe und Lenkerhöhe

Die entscheidende Größe und wichtigste Einstellung, die Sie am Kinderfahrrad vorzunehmen und regelmäßig zu überprüfen haben, ist die Sattelhöhe. Wählen Sie die Höhe so, daß Ihr Kind auf dem Sattel sitzend mit beiden Füßen den Boden gut erreichen kann und sich und das Fahrrad sicher halten kann. In der Regel reicht der Stand auf den Fußballen vollkommen aus - bei ungeübten Fahranfängern kann es aber durchaus ratsam sein, die Sattelhöhe -sofern möglich- soweit zu verringern, dass der beidfüßige Bodenkontakt über die ganze Sohle erfolgt. Dadurch wird sich Ihr Kind auf dem Fahrrad sicherer fühlen und beim Kippeln schneller den Boden erreichen. Nach ein paar erfolgreichen und sicheren Fahversuchen, können Sie den Sattel dann auf die optimale Höhe anpassen.

Nach der Sattelhöhe stellen Sie die Lenkerhöhe ein. Lenker und Bremsgriffe müssen in bequemer Reichweite und auch beim Kurvenfahren problemlos bedienbar sein. In der Grundhaltung ist dies meist mit leicht angewinkelten Ellenbogen der Fall. Ziel ist es, daß Ihr Kind eine möglichst aufrechte bequeme und zudem rückenfreundliche Sitzposition einnehmen kann.

Den Kinderfahrradhelm zur Gewohnheit machen

Auch wenn er immer noch nicht -weder bei Eltern noch bei Kindern- zur selbstverständlichen Grundausstattung gehört: Gerade am Anfang sollten Sie den Fahrradhelm Ihrem Kind besonders schmackhaft machen, aber auch auf sein Tragen bestehen. Nicht nur das Sturzrisiko ist bei Fahrradanfängern erhöht, auch die Chance auf eine problem- und vorbehaltlose Gewöhnung an den Kopfschutz ist ungleich höher als zu jedem späteren Zeitpunkt. Und schließlich gibt es auch schon tolle und coole empfehlenswerte Modelle mit nahezu jedem Lieblingsmotiv, das man auch gerne zeigt ...!
(Lesen Sie mehr dazu: Auswahl eines geeigneten Kinderfahrradhelmes)

Richtiges Lernumfeld für's Fahrradfahren: z.B. verkehrsfreie Parkplätze

Sofern Sie nicht in der glücklichen Situation sind über genügend freie und ebene Fläche auf Ihrem privaten Grund zu verfügen, müssen Sie natürlich ausweichen. Empfehlenswert sind alle flachen, glatten und vor allem gut überschaubaren Plätze, die ein Radfahren ohne statische oder plötzliche Hindernisse möglich macht. In der Stadt können dies z.B. Park- und Gebäudevorplätze, die verkehrsberuhigte Spielstraße an geeigneter Stelle oder vielleicht auch der nicht überlaufene Spielplatz am frühen Abend sein. Auf dem Land sind die Möglichkeiten mit den zahlreichen asphaltierten Feldwegen sicherlich noch besser.

Keine Angst vor Asphalt und Beton!

Scheuen Sie sich nicht davor die ersten Fahrversuche auf diesen vermeintlich verletzungsanfälligen Untergründen zu wagen. Trauen Sie Ihrem Kind das zu - dann wird auch nichts passieren! Jede Wiese oder noch so gepflegte Rasen ist keine wirkliche Alternative für Fahrradanfänger: Der Rollwiderstand und die eben doch vorhandenen Unebenheiten sind gerade beim schwierigen Anfahren kaum zu überwinden und erschweren das Empfinden des eigenen Gleichgewichts.

Praktische und konkrete Hilfestellungen für die ersten Fahrübungen

Das Wichtigste sind Ihre Ermutigungen und Ermunterungen. Auch die einmalige Erklärung des Tretens und Anfahrens mit dem Kinderfahrrad wird sich Ihr Kind interessiert anhören. Und selbst das vereinzelte leichte Anschieben, die Hilfestellung mit der sicheren Hand und das Nebenherlaufen sind absolut natürlich und vollkommen o.k.

Wenn Ihr Kind aber nach 15 Minuten noch keine nennenswerten Fortschritte erzielt hat und kaum ein paar Meter mit dem Fahrrad allein geschafft hat, dann brechen Sie Ihre Unternehmung ab. Konzentration und Eifer Ihres Kindes würden nun stetig abnehmen und die Verunsicherung und Gefahr einer Enttäuschung im gleichen Maße ansteigen. Probieren Sie es dann erneut, wenn Ihr Kind den Wunsch dazu äußert. 
Überlegen Sie zusätzlich, ob vielleicht das Abschrauben der Pedale eine hilfreiche Alternative für Ihr Kind ist. Es könnte das Fahrrad dann zunächst als Laufrad nutzen und sich langsam an das neue Gefährt gewöhnen.

Wenn schließlich die ersten Roll- und Tretversuche mit dem Kinderfahrrad erfolgreich gemeistert sind, sollten Sie gleich zum nächsten Übungsteil übergehen: Kurven fahren, Bremsen üben (vorne und hinten), Anfahren, Aufsteigen und Absteigen. Und ein paar Tage später dann vielleicht - abhängig von Kondition und Konzentrationsfähigkeit Ihres Kindes: Kreise und Achten fahren, Einhändig fahren, Hindernisse (Holzbretter, vielleicht auch flache Bordsteine) über- bzw. rauf und runterfahren. Auch das Fahren auf anderen Untergründen, z.B. Wiesen oder Waldwegen, kann nun sehr hilfreich sein und wird das Fahrgefühl Ihres Kindes auf dem Fahrrad erweitern und die Kontrolle erhöhen.


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