Mit einem spielerischem Radfahrtraining für Schüler der 2. Klasse können Kinder frühzeitig mit dem Kinderfahrrad vertraut gemacht werden, ohne sie bereits den Anforderungen des realen Straßenverkehrs auszusetzen. Für ihr besonderes Engagement im Bereich des Mobilitätslernens wurde nun eine Grundschule in Berlin-Schöneberg ausgezeichnet, die bestehende Angebote für die jeweiligen Jahrgänge aufgegriffen und um entsprechend sinnvolle Frühangebote ergänzt hatte.
Mobilitätsförderung für Kinder und Jugendliche
Kinder und Jugendliche sind überdurchschnittlich mobil. Sie sind für selbständig zurückgelegte Wege auf Bus und Bahn, auf ihre eigenen Füße und nicht zuletzt auf das Kinderfahrrad angewiesen. Die Altersgruppe der sechs- bis unter vierzehnjährigen nutzt bundesweit für etwa 16 % ihrer Wege das Fahrrad. Mehr als doppelt so viele Wege werden dagegen unselbständig als Mitfahrer im Auto zurückgelegt; ein wichtiges Potenzial für das Mobilitätslernen wird damit verschenkt. Selbständige Mobilität hat eine große Bedeutung für die kindliche Entwicklung. Sie fördert die Konzentrationsfähigkeit, das räumliche Vorstellungsvermögen und die Wahrnehmung von Entfernung, Zeit und Geschwindigkeit und dient darüber hinaus dem Erlernen von Eigenverantwortung und der Entwicklung des Sozialverhaltens. Kinder sollen deshalb altersgerecht an das selbständige Zurücklegen von Wegen, zu Fuß, mit dem Kinderfahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, herangeführt werden und im Rahmen ihrer Persönlichkeitsentwicklung entsprechende Entscheidungen treffen dürfen.
Die in diesem Lebensalter gemachten Erfahrungen sind prägend für spätere Verkehrsgewohnheiten. So wird, wer frühzeitig und altersgerecht das Kinderfahrrad bzw. Fahrrad als selbstverständliches Fortbewegungsmittel in der Stadt nutzen lernt, auch in späteren Jahren eher geneigt sein, für manche Wege auf das Auto zu verzichten. Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern, Erzieher und Lehrer sind deshalb wichtige Zielgruppen für Bemühungen um eine nachhaltigere Mobilität.
In der neuen Berliner Grundschulverordnung ist die Verkehrs- und Mobilitätserziehung als Teil des schulischen Unterrichts- und Erziehungsauftrags verankert. Sie soll einen Beitrag zur Sicherheit von Schülerinnen und Schülern im Straßenverkehr leisten und ebenso Aspekte der Sozial-, Umwelt- und Gesundheitserziehung umfassen. Nach der Stundentafel sind dafür in jeder Jahrgangsstufe mindestens zehn Stunden im Schuljahr zu verwenden. Die Umsetzung dieser Verordnung im Schulalltag ist eine wichtige Aufgabe.
Scharmützel-Grundschule in Berlin mit beispielhafter Umsetzung
Die Scharmützelsee-Grundschule aus Berlin-Schöneberg hat sich dabei insbesondere dadurch hervorgetan, dass ihre Schüler bereits in der 2. Klasse im Rahmen einer Fahrrad-AG in Theorie und Praxis an das Thema der Kinderfahrradnutzung herangeführt werden. Eine Wochenstunde ist dafür vorgesehen, sämtliche Schüler der Jahrgangsstufe nehmen nacheinander daran teil. Die Schule hat dazu einen eigenen Bestand an Kinderfahrrädern, mit dem bei geeignetem Wetter in kleinen Gruppen auf dem Schulhof geübt wird. Schwerpunkte sind der Erwerb der notwendigen motorischen Fähigkeiten, Geschicklichkeit und Konzentration. Tage mit schlechtem Wetter werden genutzt, um Grundregeln des Verhaltens im Straßenverkehr zu besprechen und einzuüben. Damit wird eine wichtige Grundlage geschaffen, auf der später aufgebaut werden kann.
In der Jahrgangsstufe 4 wird – wie an den meisten Grundschulen – im Rahmen der Mobilitätserziehung auf die Radfahrprüfung vorbereitet, die aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht. Der Verkehrsunterricht sowie das praktische Üben in der Jugendverkehrsschule werden durch die Polizei unterstützt. Im laufenden Jahr nahm diese Jahrgangsstufe außerdem mit „Mobililli unterwegs“ an der Europäischen Woche der Mobilität teil. Bei diesem Programm des ACE, das auch durch den Senat unterstützt wird, wird erlebnisorientiert und mit Spaß an Themen der individuellen Mobilität und der Verkehrssicherheit herangeführt. Im Mittelpunkt stehen dabei Bewegungsspiele zur Förderung der motorischen Fähigkeiten, Spiele zur Erprobung der fünf Sinne und zur Einschätzung von Gefahrensituationen, sowie Spiele zur Mobilität in der Stadt.
Zum Programm der sechsten Klassen gehört u.a. die Auseinandersetzung mit dem „toten Winkel“ der Lastkraftwagen. Auf dem Grundstück einer Nachbarschule wird hier sowohl aus der Fahrerperspektive als auch aus der Perspektive der Schüler als Verkehrsteilnehmer die besondere Gefährdung von Radfahrern wie von Fußgängern durch abbiegende LKW praktisch erlebbar gemacht und entsprechendes Verhalten eingeübt.
Mit der Auszeichnung „FahrradStadtBerlin“ 2007 sollen auch andere Schulen -über die Landesgrenzen hinweg- motiviert werden, Mobilitätslernen als wichtige schulische Aufgabe für alle Jahrgangsstufen ernst zu nehmen und die dafür vorhandenen vielfältigen Angebote engagiert in Anspruch zu nehmen. Den Schülerinnen und Schülern der Grundschulen in Berlin und hoffentlich auch bald darüber hinaus, wünschen wir viel Lust und Leidenschaft bei ihren Projekten und, dass das Fahrrad auch über die Schulzeit hinaus der Hauptbegleiter sein möge.